AD(H)S im Alltag
Die Auswirkungen des AD(H)S machen sich für Betroffene und deren Angehörige im Alltag häufig mit Schwierigkeiten in den unterschiedlichsten Kontexten bemerkbar. Hierbei spielen die drei exekutiven Kernfunktionen des Gehirns (Inhibition, Arbeitsgedächtnis und Flexibilität) eine entscheidende Rolle.
Kleinkind
Schulkind
Die Schulzeit ist vom Wissensaufbau geprägt. Daher sind während dieser Lebensphase sowohl die Kernfunktionen Arbeitsgedächtnis als auch Flexibilität von zentraler Bedeutung. Weil aber die Inhibition noch unterentwickelt ist, können all die Sinneseindrücke, denen ein Schulkind ausgesetzt ist, nicht geordnet und Wichtiges nur schlecht von Unwichtigem getrennt werden. Dies bewirkt eine Überforderung des Gehirns und führt letztlich dazu, dass beispielsweise Gesagtes vergessen, Material verlegt oder gar verloren wird, der konstante Lärm viel ermüdender wirkt und die Kinder auch schneller zu Aggression neigen. Auch hochbegabte Betroffene können ihr Potenzial nicht abrufen, was zu Frustration und Demotivation führt.

Jugendliche
Die Pubertät markiert einen Meilenstein in der menschlichen Individualentwicklung, der durch einen starken Umbau des Gehirns charakterisiert ist. Hat die bzw. der von AD(H)S betroffene in der Kindheit unter Hyperaktivität gelitten, so wird sich diese im Verlauf der Pubertät zwar etwas abschwächen, Impulsivität, innere Unruhe, Unaufmerksamkeit und mögliche Lernrückstände bleiben jedoch bestehen.
Vor allem in Fällen, in denen das AD(H)S im Kindesalter nicht entdeckt worden ist und sich die Betroffenen dadurch unverstanden und alleingelassen fühlen, können sich nun erhebliche weitere Symptome einstellen. Nicht selten sind die Jugendlichen demotiviert und sehen sich vor suboptimale Chancen auf dem Arbeitsmarkt gestellt. Auch das Sozialverhalten ist beeinträchtigt: Die Jugendlichen sind oft verunsichert und haben Mühe, mit Gleichaltrigen in sozialen Kontakt zu treten. Die Gefahr in Suchtmuster zu verfallen ist vergleichsweise hoch, nicht zuletzt da Medien (z.B. Gamen), Alkohol und Drogen eine unmittelbare Befriedigung des Belohnungssystems des Gehirns versprechen. Zudem fällt es von AD(H)S betroffenen schwer, sich mit den längerfristigen Folgen auseinanderzusetzen.
Erwachsene
Gemäss aktuellem Wissensstand sind etwa 2 – 3% aller Erwachsener von AD(H)S betroffen. Während die meisten zwar nicht mehr unter dem Symptom der Hyperaktivität leiden, bleibt eine innere Unruhe bestehen. Auch kann die Impulsivität noch immer ausgeprägt sein, was im alltäglichen Umgang mit Menschen und Beruf mitunter grosse Schwierigkeiten mit sich bringt. Am meisten beeinträchtigt jedoch das Symptom der Unaufmerksamkeit den Alltag Erwachsener. Konzentrationsprobleme und Aufmerksamkeitsstörungen können einen direkten negativen Effekt auf das Ausführen des Berufs haben, vor allem wenn sie mit mangelnden organisatorischen Fähigkeiten gepaart sind. Des Weiteren entwickeln von AD(H)S betroffene Erwachsene nicht selten zusätzliche psychische Störungen wie Depressionen, Ängste oder gar Phobien.